SPIO-PRÄSIDENT ALFRED HOLIGHAUS ÜBER DIE DEUTSCHE FILMFÖRDERUNG
In zwei Jahren wird das Filmförderungsgesetz fünfzig Jahre alt, ein guter Zeitpunkt, um die Förderpraxis auf den Prüfstand zu stellen: Hat sie sich bewährt, wo sind ihre Stärken, wo ihre Schwächen, was sollte geändert werden? Dazu äußert sich Alfred Holighaus, der Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (Spio). Der frühere Filmkritiker und spätere Produzent war viele Jahre lang im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin für die Akquise und Präsentation deutscher Filme zuständig. 2010 wurde er Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie, seit diesem Jahr ist er Präsident der Spio, dem Dachverband der Berufsverbände der deutschen Film-, Fernseh- und Videowirtschaft.
Würden Sie die deutsche Filmförderung als Erfolgsmodell bezeichnen? Alfred Holighaus: Eindeutig ja. Weil sie mit allen Höhen und Tiefen dafür gesorgt hat, dass deutsche Filme gemacht werden konnten, und zwar kontinuierlich und vielfältig. Kontinuität und Vielfalt sind die beiden Elemente, die Filmkultur und Filmindustrie lebendig halten.
Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf?
Holighaus: Ganz klar: Wir brauchen einen stärkeren Automatismus in der Förderung, um die Kontinuität für unsere Filmemacher zu gewährleisten. Wir brauchen mutige Entscheidungen für ungewöhnliche, künstlerisch herausragende Projekte, um die Filmkultur kreativ zu beleben. Und wir brauchen mehr Geld für Drehbuchund Projektentwicklung. Von solchen Maßnahmen werden auch die Verleiher und die Kinos profitieren.
2014 sind mit Hilfe der Förderung 230 deutsche Kinofilme produziert worden. Ein Großteil davon ist gar nicht erst in die Kinos gekommen und wird irgendwann nach Mitternacht im TV versendet. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein.
Holighaus: Es herrscht vielleicht ein Mangel an genuinen Kinofilmen. Das sind Filme, die sich in diesem einzigartigen Kultur- und Kommunikationsort Kino entfalten und eine eigene Attraktivität entwickeln. Manche Filme entfalten sich allerdings nur auf dem Bildschirm. Grundsätzlich gibt es aber viel zu wenig Sendeplätze für deutsche Kinofilme im Fernsehen; und ich meine damit Sendeplätze deutlich vor Mitternacht.
Die Fragen stellte Tillmann P. Gangloff, einer der prominentesten Filmjournalisten Deutschlands, exklusiv für CARPET ROUGE.
Foto: SPIO