Aufbruch nach Metropollywood

„MANNHEIM – DER FILM“ ANTE PORTAS

Andrew Van Scoter ist das, was man einen „Macher“ nennt. Den in Viernheim geborenen Sohn einer Deutschen und eines New Yorkers bei der Army hat es nach Kindheitsreisen um die Welt wieder nach Mannheim gezogen. Hier lebt er mit seiner Frau und drei kleinen
Kindern. Und hier träumt er auch ein wenig den amerikanischen Traum, dass alles möglich ist – man muss es nur machen. Mannheim tut das gut, denn Andrew Van Scoter träumt Mannheim als Filmstadt. Neben seinem Job als Software-Unternehmer (37 Angestellte) produziert er Filme mit einem klaren Ziel: der Woody Allen von Mannheim ist machbar, Herr Nachbar. Regionalfilme, in denen die Region charakteristisch erkennbar ist, und gute Storys sind eine Marktlücke.


Diese Marktlücke zu schließen und aus Mannheim und der Region ein richtiges Metropollywood zu machen, dafür tritt Van Scoter an. Und was wäre ein dynamischer Filmproduzent ohne einen Regisseur, der ins Kino und in Mannheim verliebt ist. Der Pfälzer Thomas Oberlies ist dieser Regisseur, Kurator des Kurzfilmfestivals „Der goldene Hirsch“, der mit Andrew Van Scoter jetzt den Streifen „Mannheim – der Film“ abgedreht hat. Das Drehbuch schrieb Daniel Morawek, und Sabine Berchter stand hinter der Kamera, in den Hauptrollen Rainer Lott, Selale Gonca Çerit, Benedikt Crisand und Thorsten Eikmeier
(www.mannheim-derfilm.de).


Fotos: Barnsteiner Film, Christoph Heymann

Wie lang ist „Mannheim – Der Film“?
Thomas Oberlies: 84 Minuten.
Andrew Van Scoter: Wenn wir mehr Geld gehabt hätten, wäre er länger geworden.

Und ihr seid beide schon immer in der Filmbranche?

Oberlies: Ich bin eigentlich Mathematiker...
Van Scoter: ...und ich bin eigentlich Unternehmer und Kultur-Manager...

...aber aus Begeisterung und Liebe zum Film seid Ihr beide jetzt Filmemacher?
Van Scoter: Ich hatte immer schon einen Hang zum Film und habe gesehen, dass meine ganzen Künstlerfreunde mit der Filmemacherei und der Musik kein Geld verdient haben. Da habe ich mich vor fünf Jahren in die Materie eingearbeitet und mich einfach entschlossen, Filmproduzent zu werden und die in der Region vorhandenen Energien zu bündeln.

Und wie ist die Van-Scoter-Film-Produktion positioniert?
Van Scoter: Die Idee ist Langfilme zu machen mit hoher Qualität. Die Verbundenheit des Films mit der Region ist unser Produkt-Konzept. Mit dieser Idee haben wir 2011 den Film „Verbrecher“ gedreht. Der lief auch im CinemaxX, hatte 64 Minuten Länge und an einem Abend sogar 600 Besucher.

Und nach diesem Versuch habt ihr jetzt eine Geschichte entwickelt, die in der größten Stadt der Region spielt.
Van Scoter: Genau. Es geht um drei Mannheimer Blues- Musiker, die sich mit mäßigem Erfolg durchs Leben schlagen. Die werden von einer Frau, einer Absolventin der Popakademie, gecoacht.
Oberlies: Und diese Frau ist Türkin und wirbelt das Leben der Drei ein bisschen durcheinander. Ich fand das Drehbuch spannend. Es ist ein großes Manko von deutschen Filmen, dass sie im Nirgendwo spielen. Manchmal spielen Filme erkennbar in Berlin, Hamburg oder München, aber die meisten Filme haben keinen Regionalbezug. Das fehlt mir einfach. Ein Film-Konzept mit Lokalbezug hat mich sofort verlockt, mal jenseits dass natürlich nicht klar ist, ob wir damit Geld verdienen. Und ich wollte schon immer mal einen Langfilm machen.

Und dann habt Ihr einfach angefangen?
Van Scoter: Die Idee war: Eine Stadt schafft einen Film. Es war uns schon klar, dass wir da erstmal selber was hineingeben müssen. Dann haben wir Crowdfunding gemacht und Sponsoring gesucht sowie uns um Filmförderung gekümmert.
Oberlies: Am 5. Oktober 2014 haben wir beschlossen, wir machen’s. Wir hatten genau einen Sponsor, das Maritim Hotel am Wasserturm, das uns Catering und Team-Übernachtungen für 16 Drehtage zugesagt hatte. Das war sehr ermutigend und mit diesem Rückenwind haben wir angefangen.

Das hört sich ziemlich einfach an?
Van Scoter (lacht): Dann ging’s ja erst los. Wir mussten das Casting machen und die ganzen Produktionsabläufe zusammenstellen. Ich habe von Dezember 2014 bis Mai 2015 nichts anderes gemacht, nur den Film. Und im April wollten wir drehen. Bei der Geldbeschaffung war unser Hauptproblem: Wir hatten noch kein Produkt und konnten nichts zeigen.

Die Künstler sind alle umsonst gekommen?
Van Scoter: Bei so einem Projekt läuft viel über Rückstellungsverträge. Wenn wir Erfolg haben und was einspielen, schütten wir an die Vielen, die uns geholfen und mitgemacht haben, Geld aus.

Hat die Region auch mitgeholfen?
Van Scoter: Wir haben sehr viel Unterstützung erfahren. Besonders der Mannheimer OB hat viel geholfen, auch als Türöffner, damit wir gut arbeiten konnten. Für die Postproduktion haben wir glücklicherweise Filmförderung bekommen.

 

Und habt Ihr mit Kollegen aus der Region gearbeitet?
Van Scoter: Alles, was wir nicht selber gemacht haben, haben wir möglichst nur aus der Region geholt. Mir ist auch wichtig, da ein Netzwerk aufzubauen, denn das soll ja nicht der letzte Film sein, den ich hier mache. Mit und in der Popakademie haben wir die Musik produziert. Und wir haben immer gehört, dass es Spaß gemacht hat, mit uns zu arbeiten.

Ist die Film-Story ein großes, gut gehütetes Geheimnis?
Oberlies: Wir wollen nicht zu viel verraten. Der Spannungsbogen wird getragen von der Entwicklung der drei Protagonisten zu dieser Frau und untereinander. Es ist ein Auszug aus und ein Blick ins Leben dieser drei Mannheimer Musiker. Der Film hat aber schon eine klare Dramaturgie, die Sachen eskalieren, es geht natürlich auch um Ruhm. Und es geht um Glück und Künstlertum und es gibt auch einen Showdown. Aber zu viel wollen wir noch nicht sagen.
Van Scoter: Ganz explizit kommt die Popakademie vor, die ja auch als Institution die Stadt prägt. Und auch die Spannung zwischen handgemachter Musik und moderner, kommerzieller Musik ist im Film verarbeitet.

Und wie kommt Mannheim vor?
Oberlies: Die drei stellen tatsächliche Mannheimer dar, einer spricht stark Dialekt. Und Mannheim hat noch mehr typische Eigenheiten. Wenn man zum Beispiel in Mannheim irgend etwas Ungewöhnliches macht, hält ganz sicher bald ein Auto an und man wird gefragt ‚Was machsch’n Du do?’ So etwas gibt’s auch in dem Film.

Wo habt Ihr gedreht? Wie wird Mannheim erkennbar?
Oberlies: Wir haben am Wasserturm gedreht, auf der Sternwarte, im Hafen, im Jungbusch, in der Neckarstadt, in der Alten Feuerwache.

Und wann war alles fertig?
Oberlies: Ende Dezember 2015 waren wir fertig. Durch die guten Kontakte mit FTB Spickert haben wir einen Verleih gefunden, um uns auch national auszuprobieren.
Van Scoter: Wenn der Film erfolgreich ist, gehen wir über die Region hinaus. Wenn wir in der Metropolregion Rhein-Neckar 20.000 Tickets verkaufen, dann ist das für uns ein Erfolg. Alles was drüber ist, wäre toll.

Seid Ihr zufrieden mit dem filmischen Ergebnis?
Van Scoter: Ich denke, wir haben einen coolen Film geschaffen. Trotz unserer begrenzten finanziellen Mittel haben wir Dank der Mithilfe so vieler engagierter Leute einen tollen Film zustande bekommen.

Und wenn „Mannheim – der Film“ dann Erfolge feiert – wie geht’s weiter?
Oberlies: Wir wollen auf Festivals und haben Bewerbungen laufen.
Van Scoter: Wir wollen weiter machen und wir wollen in der Region bleiben. Das Regional-Konzept funktioniert ja in zwei Richtungen. Mannheimer Firmen können sich wieder erkennen und so nachhaltiges Sponsoring machen und der Film ist ein Forum, in das man Mitarbeiter einladen kann.
Oberlies: Wir glauben an das Regional-Konzept. Die Region hier existiert in Filmen bisher praktisch nicht. Das wollen wir ändern. Das Regionale ist ein Trend.

Hollywood ist also out und Metropollywood ist die Zukunft?
Van Scoter: Wir würden uns wünschen, dass so etwas entsteht wie eine „Mannheimer Schule“ für den Regional- Film. Wir wollen Filmkultur in der Metropolregion Rhein-Neckar etablieren.
Oberlies: Es hat einfach einen großen Reiz, den Geschmack einer Region als Grundlage für Filmproduktion zu machen.

Dann freuen wir uns mal auf die Premiere am 5. Mai im CinemaxX. Und dann können wir auch alle die wunderbaren Merchandise-Artikel zum Film und den Soundtrack auf CD kaufen.

Die Fragen stellte Herbert W. Rabl

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